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#nsaua: Der NSA Untersuchungsausschuss im Bundestag

NSA-Untersuchungsausschuss | Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde

Persönliche Eindrücke von Kristos Thingilouthis, Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei – erschienen auf der Bundes-Website.

Passend zum Tage: Kristos wollte sich ein eigenes Bild machen und ist einfach hingefahren: Zum NSA-Untersuchungssausschuss nach Berlin. Seine Eindrücke twittert er direkt aus dem Saal unter dem Hashtag #nsaua. Hier hat er einige davon ungefiltert für uns zusammengestellt. Der Text ist noch aus dem alten Jahr. Geändert hat sich wenig. Und offenbar noch zum schlechten

Ich war ja nun einige Male in Berlin. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl in den Bundestag zu gehen, als Besucher mit dabei zu sein. Die Sitzungen folgen immer dem gleichen Muster: Der Vorsitzende eröffnet und befragt – meist durchaus kritisch – den eingeladenen Zeugen. Dann kommen die Vertreter der im Bundestag vertretenen Parteien an die Reihe: Union, SPD, Linke, Grüne.

Die Zeugen sind sehr unterschiedlich. Ich persönlich habe den Eindruck, dass die Arbeit beim BND dem Gedächtnis schadet: Zeugen, die noch beim BND arbeiten, wissen weniger und können sich schlechter erinnern. Von dieser Regel nehme ich speziell die Datenschutzbeauftragte aus. Sie hat für mich als eine der wenigen Kritisches ausgesprochen und auch Vorschläge gemacht, wie sie weiter arbeiten möchte. Als Negativbeispiel erinnere ich mich an eine Zeugin, die Mathematik studiert hat, sich aber nicht einmal an die gespeicherten Datenvolumen erinnern konnte und auch sonst nichts konkretes sagen »konnte«. Diese Zeugin sollte danach noch in einer geschlossenen Sitzung aussagen, doch ihr Anwalt räumte ein, sie wäre dazu nicht in der Lage. Ich habe für diese Schwäche absolutes Verständnis – sie litt augenscheinlich an einer Art BND-Amnesie. Geradezu verhöhnt fühlte ich mich allerdings, als ich später draußen vor dem Gebäude stehe und die gleiche Zeugin – die nun alles andere als kränklich wirkt – munter mit ihrem Anwalt weggehen sehe – mehr redend, als vorher im Ausschuss. Ein anderer Zeuge war besser vorbereitet. Er war sogar so gut vorbereitet, dass er vorher Akten gelesen hat, die der Ausschuss noch nicht mal kannte.

Wie eine rote Linie zieht sich im Ausschuss die Begründung durch, warum denn der BND »so« handeln muss: Terroristische Bedrohung! Es wird versucht, die Angst zu schüren damit eine Begründung vorhanden ist. Ein Totschlagargument, das alles rechtfertigt, um über Metadaten, Satelliten und Spione an Informationen ‘ranzukommen, deren Beschaffung sonst schwer zu begründen wären. Erschreckend ist, dass alle Zeugen, deren Vernehmung ich als Zeugen gehört habe, entweder an der BND-Amnesie leiden oder von dieser angeblichen Bedrohung überzeugt sind.

Unglücklich ist auch, dass das Kanzleramt im Ausschuss vertreten ist und jedes mal versucht, Einfluss zu nehmen. Man stelle sich vor, dass der Angeklagte vor Gericht auf den Richter einwirken könnte, ob ihm die Fragen genehm sind. Die Zeugen machen den Eindruck, sie seien vorher gebrieft – oder sogar geschult? – worden, wie sich vor dem Ausschuss verhalten sollen.

Frage: Wie viele Daten wurden gespeichert?
Antwort: Es wurden keine Daten gespeichert. –oder– An die Menge als solches kann ich mich nicht erinnern.
Frage: Wurde XY-Tool zur Spionage benutzt?
Antwort: Den Namen »XY-Tool« kenne ich nicht.
Nachfrage: Mit diesem XY-Tool kann man Folgendes machen: …
Antwort: Kann ich mich nicht erinnern.

So oder so ähnlich läuft das Ganze meist ab. Und wenn sich ein Zeuge mal verspricht, ist ja immer noch »das Kanzleramt« als Super-Joker zur Stelle, der dafür sorgt, dass ein etwaiger vielversprechender Ansatz nicht weiter verfolgt wird. Ein guter Trick der Geheimdienste ist es dabei, alle Jahre wieder die Namen der Tools zu ändern, um dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter sich heraus winden können und nichts konkretes sagen müssen.

Was auch gut zu laufen scheint bei den Geheimdiensten, ist der Handel wie auf einem Basar: Du gibst mir Infos, ich gebe dir Technik, damit du mir dann noch mehr Infos geben kannst. Und danach wissen alle von nichts. Klar bei der Menge an Informationen – da kann das auch keiner mehr richtig überblicken.

Mein persönliches Fazit: Wären wir Piraten im Bundestag, würden unsere Ausschuss-Mitglieder einen Herzinfarkt kriegen über so viel Dreistigkeit bei den Aussagen der BND-Zeugen, die sich als IT Spezialisten ausgeben, aber kaum etwas über ihre tägliche Arbeit wissen. Jeder einigermaßen normal denkende Mensch kann sich vorstellen, was in über 25 Datenbanken der neusten Technik abgespeichert werden kann – nur diese Spezialisten nicht.

Meine Bitte an die Mitglieder des Ausschusses: Lasst euch nicht beeinflussen vom Kanzleramt – lasst euch nicht hinters Licht führen von den Zeugen. Ihr seid als erstes für die Bürger zuständig, die Euch gewählt haben. Erst danach kommt, welches Parteibuch ihr habt. Ladet Edward Snowden ein. Denn das seid Ihr euren Wählern schuldig.

Euer Kristos

Update: Der #nsaua am 18. Dezember

Am Donnerstag war wieder Ausschuss-Sitzung. Was mich persönlich diesmal genervt hat war, dass ein Beamter mir verboten hatte, mein Handy zu benutzen. Das galt aber nur eine Zeitlang – später ist er auf mich zu gekommen und hob das Verbot auf.

Der Zeuge diesmal war ein lockerer ehemaliger Brigadegeneral der alten Garde. Er stand zu dem, was passiert ist und benutzte eine klare Sprache. Er sprach auch die soziale Seite an: Dass die Leute beim BND auch nur Menschen sind, und dass die NSA bei Erfolgen übertreibt und Misserfolge kleinredet. Einige Punkte waren in ihrer Direktheit aber schon erschreckend. Seine Aussage etwa, die besagte: Wenn wir elektronische Geräte in Deutschland kaufen, dann ist dort Technik eingebaut, die den Geheimdiensten in Übersee ermöglicht, uns anzugreifen.

Das Entscheidende für uns Bürger:

  1. Man findet Vertreter der Geheimdienste, die wahrheitsgemäß und direkt antworten. Aber wenn es keine klaren Fragen gibt, dann antworten Sie auch nicht.
  2. Außer ein paar Spezialisten, die sich um dieses Thema kümmern, interessiert sich die breite Bevölkerung nicht.

Ich wünsche mir, das wir immer wieder Fragen stellen, um Antworten zu bekommen. Die Aufgabe der Piraten ist es, die Bevölkerung zu Spezialisten zu machen und dafür zu sorgen, dass alle aufgeklärt sind. Denn mit der Aufklärung kann man uns nicht mit der Angst vor Terrorismus fangen. Auch diese Angst vor dem Unbekannten ist es, die dann letzten Endes Ausfälle wie Pegida erzeugt. Nimmt man noch die CIA Foltermethoden dazu, dann hat unsere Gesellschaft eine Form erreicht die von der ursprünglichen Idee der Demokratie sehr weit entfernt ist.

Grenzen werden überschritten die ich weder als Christ noch als Pirat überschritten sehen möchte. Weihnachtsstimmung will so nicht wirklich aufkommen.

Euer Kristos

1 Kommentar zu “#nsaua: Der NSA Untersuchungsausschuss im Bundestag

  1. Datenschützer – Leuchttürme mit gebundenen Händen, das zeigt sich auch in Rheinland-Pfalz, wo der Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Edgar Wagner just Edward Snowden als Preisträger für den Wissenschaftspreis des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz vorschlug. Er setzte sich nicht durch, siehe das Interview zum WARUM unter http://analogo.de/2015/01/16/wagner-interview-zu-snowden-und-transparenzgesetz-rheinland-pfalz/

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