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Es waren vor allem Piraten, die in Karlsruhe eine schützende Menschenkette um das Bundesverfassungsgericht bildeten. Der Tag war gut gewählt. Denn das Wetter spielte mit, und am 23. Mai konnten wir den 66. Geburtstag des Grundgesetzes feiern, über das in Karlsruhe gewacht wird.
Die “etablierten” Parteien der Bundesrepublik, allen voran die CDU, sollten eigentlich stolz auf das Grundgesetz sein, das Konrad Adenauer am 23. Mai 1949 in Bonn unterzeichnete. Es war als Provisorium gedacht, bewährte sich aber über Jahrzehnte. Unsere Verfassung diente sogar als Blaupause für die Verfassungen anderer Länder. In Europa orientierten sich Spanien, Portugal und Griechenland am Grundgesetz, als ihre Länder von der Diktatur zur Demokratie kamen. Nach dem Fall des eisernen Vorhangs waren es die osteuropäischen Staaten, die sich für ihre Verfassungen Inspiration bei uns holten. Ähnlich war es bereits bei den jungen Demokratien in Südamerika und in Südafrika.
So gesehen ist auch das Grundgesetz ein Exportschlager. Allerdings keiner, auf den Berlins Regierung derzeit allzu gut zu sprechen ist. Denn über die Einhaltung der Grundwerte der Verfassung in allen anderen Gesetzen wacht das Bundesverfassungsgericht. Das hatte in den letzten Jahren nicht wenige Gesetze aus Berlin für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt. Entsprechend dünnlippig wurde auf Pläne verschiedener Origanisationen reagiert, gegen das kommende “Tarifeinheitsgesetz” und die “Mindestspeicherfrist für Telekommunikationsdaten” in Karlsruhe zu klagen. Norbert Lammert von der CDU sprach davon, den “Einfluss der Karlsruher Richter” eindämmen zu wollen. Gerda Hasselfeldt, die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, unterstellte den Verfassungsrichtern, eine eigene Gesetzgebungspolitik zu betreiben.
Im Fokus ihrer Kritik stehen Urteile des Bundesverfassungsgerichts, das Gesetze von CDU/CSU, SPD und Grünen kippte: das Kopftuchverbot, das Luftsicherheitsgesetz mit der Erlaubnis, Passagierflugzeuge abzuschiessen, die Vorratsdatenspeicherung von 2007, die Regelungen zur Steuerfreiheit für Firmenerben, das Adoptionsverbot für Homosexuelle, die 3%-Hürde für Europawahlen und einige weitere Gesetze, die gegen die Verfassung verstiessen.
So wurde es zur Aufgabe der Piratenpartei, sich im Schlosspark in Karlsruhe zu versammeln, um symbolisch das zu schützen, was die CDU im parlamentarischen Rat vor 66 Jahren mit formuliert hatte: Das Grundgesetz und die Institution, die über seine Einhaltung wachen soll – das Bundesverfassungsgericht. Die rund 70 Piraten vor Ort plauderten mit Spaziergängern und bekamen bei der Gelegenheit noch so manche Unterstützerunterschrift für die 2016 stattfindenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg.
EDIT: Ergänzung des Redebeitrags des Bundesvorsitzenden der PIRATENPARTEI Stefan Körner am 23. Mai 2015
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